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Sturz ade! Ein interprofessionelles Präventionsprogramm

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Heute startet der zweitägige Kongress der Ergotherapie in Fribourg. Die Gesundheitszentren für das Alter stellen ein Präventionsprogramm vor, das sich der häufigsten Unfallursache in der Freizeit annimmt: dem Sturz.

24. Mai 2024

Julia Ludwig, Ergotherapeutin, und Lea Klöti, Berufsbildnerin Ergotherapie
«Wir haben mit dem Kursangebot einen Nerv getroffen.»
Julia Ludwig, Ergotherapeutin, und Lea Klöti, Berufsbildnerin Ergotherapie

Die Ergo- und Physiotherapeut*innen des Gesundheitszentrums für das Alter Bombach haben ein Kursprogramm zur Sturzprävention entwickelt – und die Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ) und sowie die Ernährungsberatung des Stadtspitals Zürich mit ins Boot geholt.

Vergangenes Jahr führte das Gesundheitszentrum an insgesamt neun Abenden Bewohnende und Senior*innen aus dem Quartier durch den Kurs «Sturz ade!». Julia Ludwig, Ergotherapeutin, und Lea Klöti, Berufsbildnerin Ergotherapie, stellen das Projekt vor und geben Einblicke in ihre Erfahrungen.

Was sind die Hintergründe zum Projekt und zur Auswahl der Projektpartner?
Julia Ludwig (JL): Stürze sind ein allgegenwärtiges und zentrales Thema in unserem Arbeitsalltag. Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko eines Sturzes. Um das Thema möglichst ganzheitlich anzugehen, sind wir interprofessionell vorgegangen: Mit der Ernährungsberatung des Stadtspitals Zürich haben wir die Zusammenarbeit gesucht, da unsere Ernährung einen grossen Einfluss auf unser Sturzrisiko hat.

Lea Klöti (LK): Mit den VBZ haben wir zudem den Aspekt der Teilnahme am öffentlichen Leben durch Mobilität abgedeckt. Das war uns insofern wichtig, als wir mit dem Projekt neben den Bewohnenden im Gesundheitszentrum Bombach auch die Quartierbevölkerung ansprechen wollten: ältere Menschen aus der Umgebung, die in ihrer eigenen Wohnung leben.

Was führt gerade im Alter zu einem erhöhten Sturzrisiko?
LK: Im Alter nehmen diverse Fähigkeiten ab. Neben der Kraft sind dies zum Beispiel Gleichgewichtssinn und Reaktionsvermögen. Die Abnahme des Seh- und Hörvermögens sowie weitere körperliche Einschränkungen begünstigen Stürze zusätzlich. Die Folgen eines Sturzes sind im Alter besonders gravierend, da lange Spitalaufenthalte und der damit einhergehende Muskelabbau den Verlust von Mobilität und Selbstständigkeit bedeuten können.

JL: Studien zeigen jedoch, dass sich das Sturzrisiko durch kleinere Anpassungen und regelmässige körperliche Aktivität signifikant reduzieren lässt. So verbessern sich Kraft und Gleichgewicht schon, wenn einmal pro Woche angeleitet trainiert wird.

Wie ist das Kursprogramm aufgebaut?
JL: Wir haben uns bei der Ausgestaltung des Programms an den Erkenntnissen des Bundesamts für Unfallverhütung (BFU) orientiert. Der aufbauende Kurs beginnt mit der Thematisierung des Sturzkreislaufs und einem gemeinsamen Erfahrungsaustausch. Weitere Kursbestandteile sind die konkrete Anleitung und die Abgabe eines individuellen Programms für zu Hause für Kraft und Gleichgewicht, das Erkennen und Beseitigen von Sturzquellen zu Hause, Sport und Bewegung im Alter, Hilfsmittel zur Sturzprophylaxe wie etwa ein Notrufknopf, die Themen Ernährung sowie Angaben zur Sicherheit im öffentlichen Verkehr (genauere Angaben zu diesem Punkt finden sich im Link unten).

LK: Wichtig war uns dabei, eine gute Mischung aus theoretischen und praktischen Inputs zu finden, die wir an das Niveau der Teilnehmer*innen anpassen konnten.

Habt ihr bei den Teilnehmenden eine Wirkung des Kurses feststellen können?
LK: Absolut. Um eine Vergleichsbasis zu haben, führten wir vor und nach dem Kurs ein Assessment mit den Teilnehmenden durch, bei dem die Themen Sturzangst, statisches und dynamisches Gleichgewicht, Reaktionsfähigkeit und Geschwindigkeit erfasst wurden. Dabei stützten wir uns auf die standardisierten Messgrössen «Short Physical Performance Battery (SPPB)» und «Falls Efficacy Scale-International (FES-I)». Basierend auf den Ergebnissen haben wir das Niveau der verschiedenen Übungen festgelegt sowie ein individuelles Programm für zu Hause erstellt.

JL: Es freut uns sehr, dass sich sämtliche Teilnehmenden in allen Bereichen des Assessments verbessern konnten. Das zeigt, wie wichtig eine Sensibilisierung und die richtigen Übungen sind.

Welche Rückmeldungen habt ihr von den Teilnehmenden bekommen? 
JL: Die Teilnehmenden gaben unisono an, mehr Sicherheit und Wissen in Bezug auf Stürze zu haben – und dass sie an einer Weiterführung des Kurses interessiert seien. Ausserdem äusserten sie den Wunsch nach ambulanten Therapien durch die Kursleitung. Wir klären derzeit unsere Möglichkeiten diesbezüglich ab.

LK: Neben den fachlichen Rückmeldungen haben wir uns ganz grundsätzlich über die Motivation und das Engagement der Teilnehmenden während des Kurses gefreut. Wir scheinen mit dem Angebot einen Nerv getroffen zu haben.  

Wie geht es mit dem Programm weiter?
JL: Sämtliche Involvierten wünschen sich eine Weiterführung des Programms. Auch das Stadtspital und die VBZ werden künftig wieder dabei sein. Geplant ist, dass wir noch dieses Jahr einen weiteren Kurs durchführen. Aufgrund der grossen Nachfrage klären wir zudem ab, ob ein Aufbaukurs für die Teilnehmenden vom letzten Jahr möglich wäre.