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Pflege mit Herz: Gemeinsamkeiten zwischen Pflege und künstlerischem Schaffen

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Walter Grabher ist in der Pflegewohngruppe Sunnige Hof, die zum Gesundheitszentrum für das Alter Bachwiesen gehört, in der Pflege tätig – und er ist leidenschaftlicher Maler. Wie er mit seinem Talent die Bewohnenden erfreut und wo er die Parallelen zwischen seiner Arbeit und seiner Kunst sieht, erzählt er im Interview.

11. Juli 2024

Walter Grabhers vor einem seiner Kunstwerke

Am 27. Mai 2024 fand im Gesundheitszentrum für das Alter Bachwiesen die Vernissage von Walter Grabhers Bilderausstellung statt. Die Gemälde können noch bis Mitte September 2024 bewundert werden.

Walter, wie bist du zum Malen gekommen?
Ich bin sehr naturverbunden, gehe zum Beispiel gerne schwimmen, betreibe Nordic Walking und sammle Beeren, um meine eigene Konfi zu machen. Mit dem Malen hatte ich 1994 als Hobby und zur Psychohygiene angefangen. Inspirieren lasse ich mich von der Natur, etwa den Pinienwäldern Spaniens. Anfangs dachte ich, ich müsse Blätter malen, dabei geht es gar nicht um Details, sondern um Licht und Schatten. Bei Landschaftsbildern ist wichtig zu wissen, was Tiefenwirkung erzielt. Eigentlich kann ich nämlich gar nicht malen, aber ich nehme die Natur sehr aufmerksam wahr, zum Beispiel die vorbeiziehenden Wolken.

Spielt diese Achtsamkeit auch in deinem Beruf eine zentrale Rolle?
Mir ist Achtsamkeit tatsächlich sehr wichtig – im Leben und im Beruf. Man sollte nichts als selbstverständlich hinnehmen und sorgsam mit Ressourcen und mit der Umwelt umgehen. Was du nicht neu erschaffen kannst, sollst du auch nicht zerstören. Ich pflege so, wie ich selbst gepflegt werden möchte: mit Sorgfalt und Zuwendung. Dafür setze ich zum Beispiel gerne auf die Möglichkeiten der Aromatherapie. In der Pflegewohngruppe leben wir miteinander. Wir sind eine Wohngemeinschaft, eine Lebensgemeinschaft – im Zuhause der Bewohnenden. Darum ist es sehr wichtig, Anteil zu nehmen und sich in die einzelnen Biografien einzulesen. Denn so erweitert sich die Perspektive und man sieht nicht nur die Momentaufnahme, sondern den ganzen Menschen und seine Geschichte.

Wo siehst du die Parallelen zwischen den beiden Tätigkeiten?
Ich sehe Pflege und Malen als ein Spiegelbild des Lebens. Man hat ein Konzept, das Struktur gibt, gewisse Leitplanken, einen Zyklus. Aber dann kommt immer etwas dazwischen, man steht an, kommt nicht weiter. Ich sehe sehr viele Parallelen und Dinge, die sich vermischen: Wie ein Haus bestehen beide Tätigkeiten aus verschiedenen Bausteinen, die nur kombiniert ein Ganzes ergeben. Bei beidem habe ich denselben Ehrgeiz und hohe Erwartungen an mich. Ich arbeite sehr sorgfältig, strukturiert, sauber und genau – und ich bringe alles korrekt zu Ende. Wenn ich nicht weiterkomme, bin ich mit zunehmendem Alter gelassener und weiss, manche Dinge lassen sich nicht erzwingen, es braucht Geduld.  

Wie ist es zu deiner Vernissage gekommen?
Das ist bereits meine zweite Ausstellung im Gesundheitszentrum Bachwiesen, 2018 hatte ich zudem im Gesundheitszentrum Käferberg ausgestellt. Ich wurde damals angefragt, ob ich nicht eine Ausstellung machen möchte. Erst hatte ich gar nicht das Selbstvertrauen, um meine Bilder auszustellen, denn man exponiert sich doch sehr und gibt etwas von sich preis. Es hat mich darum Überwindung gekostet. Für die jetzige Ausstellung bin ich von der Betriebsleiterin, Sylvia Stadler Langhart, direkt angefragt worden. Sie meinte, sie würde sich sehr freuen, neuere und ältere Bilder von mir im Betrieb zu sehen.

Wie hast du die Vernissage erlebt?
Die Resonanz und die Rückmeldungen waren sehr schön. Ein Grossteil der Bewohnenden kamen zum Apéro. Sie sprachen auch Tage danach noch darüber und hatten den Anlass als Bereicherung empfunden. Eine Bewohnerin sagte, mit dem Rollstuhl sei zeitweise kein Durchkommen gewesen. Eine andere meinte: Jetzt kenne ich sogar einen Künstler. Es ergaben sich sehr schöne Interaktionen daraus.

Wurdest du auch nach der Vernissage noch von den Bewohnenden angesprochen?
Ich habe einen Buch drucken lassen, das die Entwicklung meiner Bilder von 1994 bis heute zeigt. Einige Bewohnende wünschten sich, das Buch anschauen zu dürfen – im Vorfeld oder danach in aller Ruhe. Was bei den Einzelnen hängenbleibt und was sie wahrnehmen, ist sehr unterschiedlich. Viele Bewohnende greifen das Thema immer wieder gerne auf und teilen ihre Erinnerungen an Orte mit mir, die sie auf den Bildern erkennen. Manche setzen sich vertieft damit auseinander und geben sehr schöne Rückmeldungen.

Du bist seit über 40 Jahren in der Pflege tätig, was ist deine Erfahrung?
Die Pflege ist sehr vielseitig. Es gibt schwierige Tage und es gibt schöne Tage. Im Laufe der Jahre habe ich gelernt, Strategien zu entwickeln, um mit Situationen umzugehen. Je älter ich werde, desto gelassener werde ich – und dankbarer für das, was ich habe. Jeder Tag ist neu. Es gibt nicht eine Richtung, die man einschlagen kann und dann kommt es gut. Die Realität ist, dass man nicht alles planen kann. Das empfinde ich übrigens auch beim Malen so.