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Die Attraktivität der Pflege aufzeigen: Nirusas Mission

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Nirusa Navanesan brennt für die Pflege. Diese Leidenschaft möchte sie als Berufsbildnerin an ihre Lernenden weitergeben. Was gute Pflege für sie ausmacht und was ihr Rezept ist, um Bewohnende zu motivieren, verrät sie im Interview.

17. Juli 2024

Nirusa Navanesan
«Von aussen haben viele das Gefühl, es gehe darum, Menschen zu waschen und zu kleiden. Aber Pflege ist so viel mehr: Was wir bei unserer Arbeit an Ressourcen fördern können, ist enorm.»

Nirusa Navanesan, Pflegefachfrau HF

Hast du schon immer gewusst, dass die Pflege das Richtige ist für dich?
Fast. Als Kind wollte ich Tierärztin werden. Ich habe aber dummerweise eine Tierhaarallergie. Als ich meinen Vater mit 13 Jahren am Zukunftstag ins Hirslanden begleiten durfte, lernte ich die Pflege kennen und war sehr angetan vom Kontakt zu den Patient*innen, den ich erlebte. Da wusste ich: Ich möchte in die Pflege. Vor der Lehre habe ich im Waidspital und im damaligen Pflegezentrum Käferberg geschnuppert. Das Akutspital gefiel mir zwar, war mir aber zu hektisch. Im Langzeitbereich fühlte ich mich wohler, weil man dort einen engeren Kontakt zu den Menschen hat. Also habe ich meine FaGe-Lehre dort gemacht.

Wie ging's dann weiter?
Ich hatte schon während der Lehre die Absicht weiterzumachen. Im Anschluss habe ich darum Pflege HF studiert und im Gesundheitszentrum Witikon-Riesbach gearbeitet. Danach taten sich mir viele Möglichkeiten auf. Nachdem ich verschiedene Eindrücke gesammelt hatte, entschied ich mich für die Akut- und Übergangspflege und entwickelte mich dort bis zur stellvertretenden Abteilungsleiterin weiter. Später hatte ich die Wahl, Abteilungsleiterin zu werden oder in die Bildung zu gehen.

Warum hast du dich für die Bildung entschieden?
Es war und ist mir ein grosses Anliegen, der Aussenwelt die Attraktivität des Berufs zu zeigen. Ich hatte mich vor meiner Lehre bewusst und mit ganzem Herzen für die Pflege entschieden. Heute gilt die Pflege leider vielerorts lediglich als ein Bereich, in dem man schnell eine Stelle findet. Das finde ich sehr schade. Als Berufsbildnerin ist mir sehr wichtig, meine Freude und meine Leidenschaft für den Beruf weiterzugeben. Ich möchte die Lernenden für den Beruf begeistern. 

Was sollte man deiner Meinung nach über die Pflege wissen?
Es gibt natürlich strenge Seiten in der Pflege, davon hört man ja genug. Aber ich möchte die guten Seiten in den Vordergrund stellen. Zum Beispiel die Flexibilität und die Vielseitigkeit bei der Arbeit. Von aussen haben viele das Gefühl, es gehe darum, Menschen zu waschen und zu kleiden. Aber Pflege ist so viel mehr: Was wir bei unserer Arbeit an Ressourcen fördern können, ist enorm. Es erfüllt mich mit Freude und Stolz zu sehen, welche Fortschritte unsere Bewohnenden machen und was sie dadurch an Lebensqualität gewinnen. Wir können Menschen, die keine Motivation mehr haben im Leben, einen Sinn zurückgeben.

Kannst du die Flexibilität näher ausführen?
Ich habe das Fachwissen in der Pflege, die Bewohnenden nicht – aber sie haben Wünsche. Ich muss mich also fragen: Wie kann ich etwas fachlich ausführen und gleichzeitig ihre Wünsche berücksichtigen? Das verlangt einiges an Flexibilität. Der starre Blick muss weg, denn es geht um Menschen. Diese Flexibilität und Freiräume gibt es in der Pflege, und sie machen die Pflege interessant und erfüllend. Das Ergebnis muss stimmen, den Weg dahin wähle ich.    

Wie gehst du dabei vor?
Das ist bei jedem Menschen anders. Es ist zentral, Vertrauen aufzubauen und vorzubeugen, damit es nicht zu einem Vertrauensverlust kommt – das gilt auch in Bezug auf die Angehörigen. Dafür muss man die Menschen kennenlernen: Was sind ihre Wünsche, Ressourcen, Hintergründe und Gewohnheiten? Wenn wir das verstehen und in ihrem Sinn weiterführen können, haben wir gewonnen. Das macht für mich Pflege aus. Wir müssen von Zimmer zu Zimmer anders denken. Das verlangt viel von uns – aber es macht auch viel mehr Spass, als immer dasselbe Programm abzuspulen.

Was zeichnet dich in der Pflege besonders aus?
Ich habe meine ganz eigene Art, mit den Bewohnenden zusammen einen individuellen Weg zu finden. Dafür wäge ich ab, probiere aus, was funktioniert, und verknüpfe Diagnosen. Und ich mache es den Bewohnenden nicht zu leicht. Denn es ist nicht mein Ziel, weniger Arbeit zu haben, sondern, dass es den Bewohnenden gutgeht. Wenn jemand zum Beispiel wieder mobil werden möchte, aber nicht motiviert ist aufzustehen, treffe ich eine Abmachung: Ich nehme die Person für 30 Minuten auf und wenn sie merkt, dass es nicht geht, bringe ich sie zurück. Aber wir machen die ersten Schritte. Ich akzeptiere nicht einfach, wenn jemand nicht möchte, sondern helfe, die nötige Motivation zu schaffen. Das kommt sehr gut an. Von Kolleg*innen werde ich oft gefragt: Wieso kannst du mit den schwierigsten Menschen am besten arbeiten?

Was erwiderst du darauf?
Für mich ist niemand schwierig. Vielleicht sind wir es ja, die schwierig tun. Jeder Mensch hat seinen eigenen Charakter. Die Frage ist: Wie können wir damit umgehen? Oft geht vergessen, dass wir zu ihnen in ihr Zuhause kommen. Es ist wichtig, den Bewohnenden auf Augenhöhe und mit Feingefühl zu begegnen. Wenn ich mit ihnen eine Abmachung treffen, dann haben wir schon eine gemeinsame Ebene geschaffen und arbeiten nicht gegeneinander.

Wie gelingt es dir, bei den Bewohnenden Motivation zu schaffen?
Ich arbeite mit ihrer Denkweise und erkläre Dinge einfach. Ich übersetze medizinische Verordnungen und mache Behandlungen anschaulich. Zum Beispiel erkläre ich: Wissen Sie, Sie haben Schwierigkeiten mit der Lunge. Das Liegen tut der Lunge nicht gut. Sie müssen die Lunge grösser machen. Das zeige ich dann an mir und meiner Körperhaltung vor. Wenn man eine Vertrauensebene hat und weiss, was bei wem am besten funktioniert, kann man ganz anders mit den Menschen umgehen. Dann funktionieren plötzlich Dinge, die vorher nicht möglich schienen. Am Anfang ist das schwierig, aber es zahlt sich aus. Diese Zeit für die Lebensqualität der Bewohnenden nehme ich mir gerne. Ihr Erfolg ist meine Freude und bestätigt mir, dass ich das Richtige tue.

Was schätzt du an den Gesundheitszentren für das Alter als Arbeitgeberin?
Die Möglichkeit zur Weiterentwicklung. Durch die Grösse der Organisation und die Offenheit der einzelnen Betriebe gibt es zig Optionen. Jeder Betrieb ist anders aufgestellt und hat andere Schwerpunkte. Wenn ich einen anderen Bereich kennenlernen möchte, rede ich mit der Abteilungsleitung und mache einen Seitenwechsel. Die Gesundheitszentren sind sehr offen für interne Wechsel und das Weiterbildungsangebot ist – dank dem eigenen Schulungszentrum, dem SGZ Campus – enorm. Aber auch externe Schulungen werden unterstützt. Schon allein in der Demenz gibt es zig Weiterbildungen bis zum Certificate of Advanced Studies. Es stehen unzählige Möglichkeiten offen: Wünsche und Interessen werden regelmässig abgefragt und gefördert.