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Exzellenz in der Pflege: Hygiene

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Wie bleiben die Gesundheitszentren beim Thema Hygiene auf dem neuesten Stand und festigen aktuelles Wissen in den einzelnen Betrieben? Was unterscheidet die Langzeitpflege diesbezüglich vom Akutspital – und was hat Hygiene mit Ethik zu tun? Laura Jordi gibt Auskunft. Die Berufsbildungsverantwortliche im Gesundheitszentrum für das Alter Mattenhof ist übergeordnete Hygieneverantwortliche für die Betriebe mit Angebot «Spezialisierte Pflege» und Mitglied des Hygieneteams der Gesundheitszentren.

22. Juli 2024

Laura Jordi, Berufsbildungsverantwortliche und übergeordnete Hygieneverantwortliche
«Die Langzeitpflege steht vor der ständigen Herausforderung, die Bedürfnisse der Bewohnenden mit den notwendigen hygienischen Massnahmen in Einklang zu bringen.»
Laura Jordi, Berufsbildungsverantwortliche und übergeordnete Hygieneverantwortliche

Laura Jordi ist bereits aus ihrer Erstausbildung als Dentalassistentin mit dem Thema Hygiene vertraut. Nach ihrem HF-Studium in Pflege war sie im Gesundheitszentrum Käferberg als Link Nurse für das Thema Hygiene zuständig. Inzwischen arbeitet sie im Gesundheitszentrum Mattenhof und ist seit Dezember 2024 eine der Hauptansprechpersonen zum Thema Hygiene für alle Betriebe mit dem Schwerpunkt «Spezialisierte Pflege».

Seit Juni 2022 macht Laura Jordi bei H+ in Aarau eine Weiterbildung zur Fachexpertin Infektionsprävention, die sie im Frühling 2025 mit einer Diplomarbeit zum Thema «Professionelle Schulung von Link Nurses für die Durchführung von Audits in Langzeitinstitutionen» abschliesst.

Laura, wie sind die Gesundheitszentren in Bezug auf das Thema Hygiene aufgestellt?
Wir haben ein übergeordnetes Hygieneteam, das sich regelmässig trifft. Da das Thema alle Mitarbeitenden in einem Gesundheitszentrum betrifft, sind im übergeordneten Hygieneteam nicht nur die Pflege und der Arztdienst vertreten, sondern auch die Hotellerie und die Bettendisposition. Wir orientieren uns an der aktuellen Studienlage in der Langzeitpflege und sind mit externen Fachexpert*innen und Infektiolog*innen aus dem Stadtspital Triemli im Austausch. Oft stellt sich dabei die Frage: Wie können wir Vorgehen und Massnahmen aus der Forschung auf die Langzeitpflege übertragen?

Wie gelangt das Wissen aus dem Hygieneteam in die einzelnen Gesundheitszentren?
Meine Ansprechpersonen in den Betrieben sind die Link Nurses für Hygiene oder – an Standorten mit Schwerpunkt «Wohnen im Alter», die keine Link Nurses haben – die Leitung Betreuung und Pflege. Mein Ziel und meine Aufgabe ist es, die Link Nurses nicht nur kurzfristig zu unterstützen, sondern längerfristig zu befähigen. Sie sollen Wissen aufbauen können, um es im Betrieb weiterzugeben. Sie sind es, die in den Betrieben tagtäglich das Hygienebewusstsein aller fördern und zum Beispiel bei einem Noro-Virus-Fall entsprechende Massnahmen anstossen. Zudem möchte ich die Link Nurses schulen, sodass sie selbstständig Audits durchführen können.

Was geschieht bei einem Audit genau?
Bei einem Audit geht man durch die Abteilungen und überprüft die bestehenden Prozesse und Massnahmen – und ob die gesetzlichen Richtlinien und Anforderungen erfüllt sind. Das bedeutet konkret etwa, ob alles korrekt beschriftet ist, die Ablaufdaten eingehalten werden, die Hände korrekt desinfiziert werden und ob die Dokumente auffindbar sind: zum Beispiel die Informationen für eine Isolation. Wichtig ist, dass die Audits an allen Standorten ähnlich ablaufen, damit sie vergleichbar sind. Aus den Audits eruieren wir dann Themen, die wir mit den Link Nurses und den Betrieben im Rahmen von Schulungen genauer anschauen.

Was ist dir bei den Audits in den Betrieben wichtig?
Zuerst einmal: Dass ich nicht als Polizistin wahrgenommen werde. Es geht nicht um Kontrolle, sondern um Sicherheit. Hygieneverantwortliche werden leider oft als lästig empfunden – bis etwas ist. Dann möchten alle eine Vollmontur. Dabei ist das gar nicht zwingend nötig. Je nach Übertragungsweg sind eine Maske, eine Schürze oder Handschuhe völlig ausreichend. Das entsprechende Wissen möchte ich fördern und festigen.

Worin unterscheiden sich Langzeitinstitution und Akutspital in Bezug auf Hygienemassnahmen?
Ein Akutspital ist auf kürzere Aufenthalte ausgelegt und behandeln häufig Patient*innen mit akuten medizinischen Problemen. Es ist daher möglich und wichtig, sie bei Bedarf komplett zu isolieren. Die Bewohnenden bei uns sind jedoch nicht nur für eine befristete Zeit bei uns, sondern sie wohnen hier. Es gilt also, eine Balance zwischen Prävention, Sicherheit und Lebensqualität zu finden. Wenn zum Beispiel jemanden einen multiresistenten Keim hat, so trägt er oder sie diesen für längere Zeit in oder an sich. Die Person kann aber nicht für immer in ihrem Zimmer eingesperrt werden.  

Hat die Covid-Pandemie unser Verständnis von Hygiene verändert?
Das Hygienebewusstsein ist definitiv gestiegen – allerdings nicht zwingend nachhaltig. Spätestens seit der Covid-Pandemie ist aber allen klar, dass man Menschen nicht unbegrenzt isolieren kann. Und dass sich Hygiene in einem komplexen Spannungsfeld zwischen dem Schutz der Bewohnenden und des Personals einerseits und den Bedürfnissen sowie der Sicherheit der Bewohnenden andererseits bewegt. Das erfordert ein sorgfältiges Abwägen und flexible Lösungen.

Was bedeutet das für die Betreuung und Pflege der Bewohnenden?
Dass wir es oft mit ethischen Dilemmata zu tun haben und für jede Situation und jede Person individuell zugeschnittene Lösungen finden müssen. Natürlich gibt es übergeordnete Konzepte, aber ein*e Bewohner*in mit Demenz kann vielleicht nicht im Zimmer bleiben: Die Vielzahl an Fällen und Rahmenbedingungen lassen sich in keinem Dokument abschliessend festhalten. Für diese komplexen Fälle sind wir vom interdisziplinären Hygieneteam zuständig.

Wo siehst du die grösste Herausforderung in Bezug auf die Hygiene?
Das Thema muss nachhaltig in den Köpfen aller Mitarbeitenden verankert werden. Ich weiss, ich gehe den Leuten mit der Standardhygiene manchmal auf die Nerven: Aber das muss sein. Studien zeigen nämlich, dass das Bewusstsein nach Covid wieder nachgelassen hat. Eine kontinuierliche Schulung und Weiterbildung von Mitarbeitenden sind daher zentral. Wie man Mitarbeitende zum Thema Hygiene schult, ist übrigens Bestandteil meiner Weiterbildung.

An welchem Thema arbeitet ihr im Hygieneteam aktuell?
Gerade erst haben wir ein Konzept zum Umgang mit dem Noro-Virus erstellt, das die individuellen Rahmenbedingungen der Gesundheitszentren mit dem Schwerpunkt «Spezialisierte Pflege» und mit dem Schwerpunkt «Wohnen im Alter» berücksichtigt. Mit dem Zusammenschluss der ehemaligen Alters- und Pflegezentren sind wir bestrebt, übergeordnete Dokumente zu erstellen. Dabei gilt es jedoch zu berücksichtigen, dass die unterschiedliche Infrastruktur und das Profil der Bewohnenden keine «One size fits all»-Lösung zulässt.

Welchem Thema werdet ihr euch als nächstes widmen?
Als nächstes nehmen wir die multiresistenten Keime in Angriff und erstellen neue Richtlinien dazu. Das ist auch in unseren Betrieben ein drängendes Thema aufgrund der weltweiten Zunahme von Resistenzen aufgrund des Antibiotikagebrauchs. Die Tatsache, dass Patient*innen immer multimorbider und tendenziell früher aus dem Spital entlassen werden, stellt einen höheren medizinischen Anspruch an uns als Gesundheitszentren.