Global Navigation

Exzellenz in der Pflege: neues Kompetenzzentrum für rehabilitative Akut- und Übergangspflege

News

Anfang Juli 2024 wurde das neue Kompetenzzentrum für rehabilitative Akut- und Übergangspflege im Gesundheitszentrum Käferberg eröffnet. Die Patient*innen sollen dadurch in ihrem Ziel, nach einem Spitalaufenthalt wieder nach Hause zurückkehren zu können, noch gezielter unterstützt werden. Cécile Fompeyrine, leitende Ärztin im Geriatrischen Dienst, erklärt, was das Angebot auszeichnet und was neu ist.

19. Juli 2024

Cécile Fompeyrine, leitende Ärztin im Geriatrischen Dienst
Cécile Fompeyrine, leitende Ärztin im Geriatrischen Dienst
«Dank dem individuellen Behandlungsplan und der engen Vernetzung mit dem Ambulantbereich gelingt es uns, noch mehr Patient*innen nach dem Aufenthalt bei uns wieder in ihr gewohntes Zuhause zu entlassen.»

Cécile Fompeyrine, leitende Ärztin im Geriatrischen Dienst

Bisher führten die Gesundheitszentren für das Alter das Angebot der Akut- und Übergangspflege (AÜP) an den drei Standorten Entlisberg, Käferberg und Witikon. Seit 1. Juli konzentriert es sich auf den Standort Käferberg, was diverse Vorteile mit sich bringt. Durch die weitere Stärkung der Zusammenarbeit mit dem Stadtspital Waid erhält die Altersmedizin am Käferberg zusätzlich Schub. Neu umfasst das Kompetenzzentrum zudem ein spezifisches rehabilitatives Angebot für Menschen mit einer Demenz, respektive einem Delir (AÜPD).

Cécile, was sind die Hintergründe des Angebots AÜP in den Gesundheitszentren?
Mit der neuen Spitalfinanzierung (DRG) erhielten die damaligen Pflegezentren der Stadt Zürich vor zwölf Jahren den Auftrag, die Spitäler zu entlasten. Da wir bei uns festangestellte Geriater*innen, Sozialarbeiter*innen und medizinische Therapeut*innen haben, sind wir in der Lage, ein systematisches Assessment analog zu dem der Akutgeriatrie im Stadtspital durchzuführen und einen geriatrischen Übertritt zu ermöglichen. Unser Ziel war und ist, Patient*innen, die zwar nicht mehr spitalbedürftig, aber auch noch nicht in der Lage sind, in ihr Zuhause zurückzukehren, eine Lösung anzubieten, die die besten Chancen auf eine nachhaltige Rückkehr ins gewohnte Zuhause schafft.

Was unterscheidet euer Angebot von anderen?
Das Gesetz (KVG) definiert die Übergangspflege nach einem Spitalaufenthalt als aktivierende Pflege. Wir machen beim Eintritt ein ausführliches geriatrisches Assessment mit Zielvereinbarung, das von verschiedenen Professionen getragen und in der Folge fortlaufend geprüft wird. Unsere Pflege animiert zur Selbstständigkeit: In enger Zusammenarbeit mit den medizinischen Therapien führen wir Pflegtrainings durch (z.B. Motomed und Gehtraining). Wir bieten viel mehr als nur reaktivierende Pflege an. Im Schnitt bleiben die Patient*innen vier Wochen bei uns, wobei sechs Wochen das Maximum sind – in besonderen Fällen, zum Beispiel bei andauerndem Delir, können wir jedoch verlängern. 60 Prozent unserer Patient*innen können nach dem Aufenthalt bei uns wieder in ihr privates Zuhause oder in ihr Zuhause im Alterszentrum zurückkehren. Das gelingt uns dank dem individuellen Behandlungsplan und der engen Vernetzung mit dem Ambulantbereich.

Neu konzentriert sich das Angebot zentral auf den Standort Käferberg. Wie kam es zu dieser Entscheidung?
Hier spielten verschiedene Überlegungen eine Rolle. Zentral ist sicher, dass wir durch die Bündelung der Expertise am Standort Käferberg noch stärker von der Nähe zum Stadtspital Waid profitieren und wertvolle Synergien nutzen können. Auch die professionelle Weiterentwicklung und die Personalabdeckung sind an einem Standort leichter zu gewährleisten. Und durch die Konzentration an einem Standort können wir zwei getrennte Abteilungen anbieten: eine reguläre (AÜP) und eine für Menschen mit Demenz oder Delir (AÜPD).

Wieso diese Unterscheidung?
Viele unserer Patient*innen haben eine kognitive Beeinträchtigung und entwickeln ein Delir: Das heisst, sie zeigen Verwirrtheit und Desorientierung, entweder als Reaktion auf die Hospitalisation oder die Verlegung oder aufgrund einer vorbestehenden Demenz. Dank der neuen AÜPD-Abteilung können Zuweisende nun auch Menschen mit Delir bei uns anmelden, sofern diese keine 1:1-Betreuung benötigen. Im Rahmen einer Milieutherapie können wir dezidierte Orientierungsmassnahmen anbieten und das Delir mindern. Die Unterscheidung zwischen den beiden Abteilungen erlaubt uns also, gezielter mit beiden Personengruppen zu arbeiten. Auf der AÜP-Abteilung werden Patient*innen betreut, bei denen der Aspekt Kognition nicht im Vordergrund steht. Die Kognition wird jedoch auch bei ihnen evaluiert, denn das ist sowohl für die Therapie als auch für die Vorbereitung des Austritts hoch relevant.

Wie seid ihr bei der Vorbereitung auf die neue Abteilung vorgegangen?
Uns war schon länger bewusst, dass es schwierig ist, den beiden Patient*innengruppen kombiniert gerecht zu werden. Als einziges Gesundheitszentrum verfügten wir über zwei AÜP-Abteilungen. Diesen Umstand haben wir genutzt und bereits vor einem Jahr in Zusammenarbeit mit der Bettendisposition versucht, unsere Patient*innen je nach Bedürfnissen eher auf die eine oder auf die andere Abteilung einzuteilen. Während dieses Jahres haben wir zudem «Bewegtes Denken» eingeführt. Dabei handelt es sich um ein spezielles Gruppenangebot von unseren Ergotherapeut*innen für Menschen mit Demenz und Delir, bei dem kognitives Training und Orientierung im Zentrum stehen. Die Aktivierungstherapie wurde dabei auf der Station durchgeführt, was eine Tagesstruktur ermöglichte. Wir konnten mit diesem Vorgehen zeigen, dass es uns gelingt, Patient*innen mit Demenz oder Delir durch eine gezielte Therapie wieder in ihr gewohntes Zuhause zu entlassen. Das war quasi das Pilotprojekt zur neuen AÜPD-Abteilung. 

Was sind die Vorteile des «Clusters Altersmedizin» am Käferberg für die AÜP?
Wir sind Teil des Geriatrie-Verbunds und arbeiten mit den gleichen Assessmentinstrumenten wie die Akutgeriatrie im Stadtspital Waid. Unsere Patient*innen profitieren von unserer sehr guten Vernetzung und einem umfangreichen und individuellen Angebot. So kommen zum Beispiel alle zwei Wochen Chirurg*innen aus der Gerontotraumatologie des Stadtspitals Zürich Waid zu unseren Patient*innen aus der Traumatologie des Stadtspitals Zürich (Triemli und Waid) auf Visite, bei denen offene Fragen bestehen oder eine postoperative Kontrolle fällig ist. Dank eines mobilen externen Angebots können wir Patient*innen zudem am Bett röntgen: So müssen sie – nach Absprache mit den Chirurg*innen im Waid und unserem Arztdienst – nach Möglichkeit nicht für eine Kontrolle ins Spital, was besonders für Patient*innen mit kognitiven Erkrankungen oder schwerer Erschöpfung eine grosse Entlastung ist. Ausserdem haben wir einen psychiatrischen Liaisondienst, der alle zwei Wochen zu uns kommt. Bei Bedarf können Patient*innen dieses Angebot nutzen, zum Beispiel für Empfehlungen zur Medikamenteneinstellung oder für die weitere Betreuung nach dem Aufenthalt bei uns. Die geplante geriatrische Rehabilitation am Standort Waid bietet künftig zusätzliche Chancen für eine noch engere Zusammenarbeit für die Abdeckung der Bedürfnisse unserer Patient*innen.

Was bedeutet das Kompetenzzentrum für AÜP am Käferberg für die Mitarbeitenden?
Für die Mitarbeitenden bedeutet das zum einen, dass sie in verschiedenen Bereichen spezifisch geschult werden und zum anderen, dass sich ihnen durch den rehabilitativen Anteil und das Therapiekonzept zusätzliche attraktive Arbeitsbereiche auftun. Die Strukturen auf unseren AÜP-Abteilungen sind denen im Spital ähnlich. Bei uns geht es um die kurzfristige Betreuung von Patient*innen, die häufig wieder medizinisch instabil werden. Das hat einen grossen Einfluss auf die ärztliche und pflegerische Tätigkeit. Für das ärztliche Personal bedeutet dies etwa, mehr Diagnostik und Therapieeinsatz, für die Pflege ist zum Beispiel die Betreuung von instabilen Patient*innen, die nicht ins Spital möchten, ein zusätzlicher Fokus.

Inwiefern unterscheiden sich die AÜPD- und die AÜP-Abteilung?
Das Angebot an sich ist weitgehend identisch, jedoch angepasst auf die unterschiedlichen Bedürfnisse. So ist zum Beispiel der rehabilitative Anteil auf beiden Abteilungen derselbe und besteht werktags aus einer Einzeltherapie. Ergänzend dazu gibt es ein Therapieangebot in kleinen Gruppen, im Rahmen dessen die Patient*innen Gespräche führen oder kognitive Übungen machen – etwa zur Stimulation von Erinnerung, Orientierung und visueller Wahrnehmung – oder beim Kochen praktische Fähigkeiten üben. Je nach Bedürfnissen sind der Fokus und der Ansatz dabei unterschiedlich. Die Angehörigen werden auf beiden Abteilungen einbezogen, auf der AÜPD-Abteilung ist die Zusammenarbeit mit den Angehörigen und dem externen Betreuungsnetz jedoch besonders eng. Wir arbeiten auf beiden Abteilungen interprofessionell und systematisch: Medizinische Therapien, Pflege, Arzt- und Sozialdienst richten ihre Tätigkeit auf den individuellen Behandlungsplan aus, der sich auf das Behandlungsziel stützt. Dieser Plan wird wöchentlich überprüft und bei Bedarf angepasst.

Wie sieht die Austrittsplanung aus?
Bei der Austrittsplanung gehen wir interprofessionell und koordiniert durch unseren Sozialdienst auf die verschiedenen relevanten Aspekte ein wie etwa Mobilität, medizinische Kontrollen und Ernährung und schauen, welche Unterstützung nötig ist. Dafür sind wir mit der Spitex im Austausch und arbeiten mit unserer Gerontologischen Beratungsstelle SiL zusammen. Die Verantwortung dafür, ob jemand nach Hause gehen kann, liegt beim Arztdienst, die Entscheidung wird jedoch interprofessionell vorbereitet. Bei Patient*innen ohne Bezugspersonen stellen wir bei Bedarf einen Antrag auf Beistandschaft und gewährleisten so, dass sie zu Hause die nötige Unterstützung bekommen, zum Beispiel in Bezug auf die medizinische Vertretung und die Finanzen. Da wir nicht nur dafür sorgen möchten, dass die Patient*innen wieder in ihr gewohntes Zuhause zurückkehren können, sondern auch sicherstellen wollen, dass sie möglichst lange dort bleiben können, sind wir bei unserer Arbeit sehr auf Nachhaltigkeit bedacht.

Wie äussert sich dies konkret?
Zur Einschätzung der Mobilität führen wir das SPPB-Assessment durch, das steht für Short Physical Performance Battery: Dabei werden Gleichgewicht, Ganggeschwindigkeit und Oberschenkelkraft gemessen. Die Skala reicht von 1 bis 12 Punkten. Unser Patient*innen kommen in der Regel mit einem Wert von unter 3 zu uns. Wir möchten sie wenn möglich auf einen Wert von 9 bringen. Denn ab diesem Wert sinken das Sturzrisiko und die Notwendigkeit, auf eine Pflegeabteilung verlegt zu werden, signifikant. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Ernährung, namentlich die Proteinzufuhr. Unsere Ergo- und Physiotherapeut*innen bieten bei Patient*innen mit Mobilitätsproblematik oder kognitiven Beeinträchtigungen bei Bedarf zudem vor dem Austritt eine Hausabklärung an.

Was geschieht im Rahmen dieser Hausabklärung?
Unsere Expert*innen prüfen, wie es den Patient*innen im eigenen Zuhause mit der Mobilität geht und analysieren, was gegebenenfalls verändert werden muss: Das kann ein höheres Bett sein, ein Teppich oder ein Möbel, die entfernt werden müssen, oder ein Griff im Badezimmer. Die Umsetzung machen wir nicht selbst, sondern beziehen die Angehörigen ein, die dann die nötigen Massnahmen bis zum Austritt in die Wege leiten können. Bei Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen prüfen wir zudem, ob sie sich wieder zurechtfinden und zuhause fühlen.