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Exzellenz in der medizinischen Versorgung: Zusammenarbeit mit Hausärzt*innen stärken

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Wie ist die ärztliche Versorgung in den Gesundheitszentren für das Alter ausgestaltet? Und welche Veränderungen sind geplant – unter anderem in Bezug auf die Zusammenarbeit mit Hausärzt*innen? Darüber spricht Gaby Bieri, ärztliche Direktorin der Gesundheitszentren für das Alter, im Interview.

7. August 2024

Gaby Bieri, ärztliche Direktorin der Gesundheitszentren für das Alter
«Hausärzt*innen sind manchmal zu wenig auf geriatrische Themen sensibilisiert.»
Gaby Bieri, ärztliche Direktorin 

Wie wird die medizinische Versorgung in den Gesundheitszentren aktuell gewährleistet?
In den Betrieben mit Schwerpunkt «spezialisierte Pflege» verfügen wir über festangestellte Fachärzt*innen Geriatrie, die eng mit dem Bereich Therapien und mit der Pflege zusammenarbeiten. Bei den Betrieben mit Schwerpunkt «Wohnen im Alter» ist die ärztliche Versorgung durch Hausärzt*innen gewährleistet. Die interprofessionelle Zusammenarbeit gestaltet sich hier viel schwieriger. Darum streben wir Entwicklungen an, um sie zu stärken.

Was sind die Schwierigkeiten und wie plant ihr, diesen zu begegnen?
Für die medizinische Qualität ist ein guter Austausch zwischen Pflege und Ärzt*in essenziell. Das ist im bisherigen hausärztlichen Setting sehr schwer zu erreichen, denn wir arbeiten je nach Betrieb mit bis zu 30 verschiedenen Hausärzt*innen zusammen. Dadurch ist die Zusammenarbeit zu punktuell und zu wenig planbar. Um dies zu ändern, möchten wir eine Vereinbarung mit einzelnen Hausärzt*innen treffen, in der die Zusammenarbeit geregelt wird. Wir planen, mit einigen Hausärzt*innen ein Pilotprojekt zu starten. Die dafür erarbeitete Vereinbarung wurde den Hausärzt*innen bereits Anfang Jahr in einem Webinar vorgestellt.  

Welche Veränderungen sind zusätzlich geplant?
Neben der Stärkung der hausärztlichen Versorgung soll – vor allem zur Unterstützung der Pflegeteams – ein geriatrischer und ein gerontopsychiatrischen Konsiliar- und Liaisondienst aufgebaut werden. Bei psychiatrischen oder geriatrischen Problemstellungen ist ein*e Gerontopsychiater*in oder ein*e Geriater*in regelmässig vor Ort und kann die Bewohnenden beurteilen, die Pflegeteams beraten und allenfalls angepasste Behandlungsvorschläge für den*die Hausarzt*in machen. Ausserdem sind wir dabei, die gesundheitliche Vorausplanung (GVP) umzusetzen und haben einzelne Pflegende zu GVP-Beratenden ausgebildet. Sie führen mit den Bewohnenden Gespräche zu ihren Werten mit Bezug auf ihre Therapieziele und machen einen Vorschlag für einen Behandlungsplan und eine Ärztliche Notfallanordnung. Diese werden den Hausärzt*innen dann zur Klärung zugeschickt.

Gibt es auch Bestrebungen im Bereich der Gesundheitsprophylaxe?
Ja, wir wollen vermehrt prophylaktisch arbeiten: insbesondere auch bei Bewohnenden mit BESA 0, die entsprechend keine pflegerischen Leistungen beziehen und deren gesundheitlichen Veränderungen der Pflege darum erst viel später auffallen. So möchten wir etwa gezielt darauf achten, dass ihr Gewicht regelmässig geprüft wird und sie nicht unerkannt in eine Mangelernährung rutschen. Dadurch können wir viel bewirken, z. B. Stürze verhindern. Wir sind derzeit dabei, ein Konzept zur Ernährung umzusetzen. Darin ist festgehalten, wie es gelingt, den erhöhten Bedarf an Eiweiss bei älteren Personen zu decken, auch wenn sie zum Beispiel nur eine halbe Portion essen.

Wie schätzt du allgemein die Situation in Heimen in Bezug auf die medizinische Versorgung ein?
Die Situation hat sich in den letzten zehn Jahren sehr stark verändert. Die Bewohnenden sind älter, pflegebedürftiger und multimorbide. Das setzt immer mehr Wissen zu geriatrischen Themen voraus. Gleichzeitig gibt es immer weniger Hausärzt*innen, die die heimärztliche Betreuung übernehmen. Das liegt daran, dass es ganz allgemein zu wenig Hausärzt*innen gibt, sie zu wenig Zeit haben und der Tarif nicht attraktiv ist. Es gibt auf nationaler Ebene bereits verschiedene Statements zur gefährdeten medizinischen Versorgung in Heimen (Details dazu im Link unten) und diesen September wird dazu eine Stellungnahme der zentralen Ethikkommission der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) erwartet.

Wie können sich Haus- und Heimärzt*innen dieses Wissen aneignen?
Es gibt seit zwei Jahren eine Fortbildung von palliative.ch und der Schweizerischen Fachgesellschaft für Geriatrie, die sich explizit diesem Thema widmet (Details dazu im Link unten). Das Angebot richtet sich an Haus- und Heimärzt*innen und behandelt an je zwei Tagen vielfältige geriatrische Themen sowie Palliative Care im Heim.   

Kannst du uns mehr zur Fortbildung sagen?
Die ersten beiden Tage bestreite ich gemeinsam mit einem Team von Geriater*innen aus der Langzeitpflege. Themen sind unter anderem Sturz, Delir und Demenz. In der Folge wird an zwei Tagen in den Blick genommen, was eine gute Palliativ-Versorgung ausmacht, angefangen bei der gesundheitlichen Vorausplanung. Der Kurs wird dieses Jahr zum dritten Mal durchgeführt und trifft auf reges Interesse – bis ins Bündnerland und ins Tessin.