
Bei den Bauarbeiten auf dem Münsterhof wurden alle geplanten Bodeneingriffe vorgängig durch die Archäologie ausgegraben. Zum Vorschein kamen römische sowie früh- und hochmittelalterliche Siedlungsstrukturen und das frühmittelalterliche Friedhofsareal.
Auf dem Münsterhof zur Storchengasse hin konnte bei den Ausgrabungen von 1977/78 ein 1,2 m breites Fundament eines grossen Steingebäudes (A) freigelegt werden. Es war an die ältere Friedhofsmauer angebaut, die hier von West nach Ost verläuft und den Friedhof im Süden vom Siedlungsbereich im Norden trennte.
Östlich davon kam während den aktuellen Grabungen statt der erwarteten Fortsetzung der Friedhofsmauer ein weiteres massives Mauerfundament eines Steingebäudes (B) zum Vorschein. Seine Grösse bleibt vorerst noch unklar. Es erstreckt sich gegen Süden in den Friedhofsbereich. Innerhalb des Gebäudes wurden keine Gräber beobachtet. Offenbar wurde nicht die gesamte Fläche des Friedhofs als Bestattungsareal genutzt.
Den Schriftquellen entnehmen wir, dass am Münsterhof rund um den hochmittelalterlichen Friedhof die Dienstleute der Abtei ihre Wohnsitze hatten. Wieso diese Häuserzeilen später abgetragen und nicht wieder aufgebaut wurden, bleibt offen. Eine Erklärung könnte eine Platzneugestaltung zu Repräsentationszwecken der Äbtissin sein, die im 13. und 14. Jahrhundert vermehrt Königsbesuche empfing.

Unmittelbar ausserhalb der jüngeren Friedhofsmauer legten die Archäologen eine sehr ebene Oberfläche frei. Es handelt sich um eine lehmige Erdschicht, die stark mit kleinen und vereinzelt auch grösseren Kieseln durchsetzt ist. Ihre Oberfläche ist hart gepresst, sei es durch das Verdichten beim Bau oder durch das Begehen im Alltag. Man kann davon ausgehen, dass es sich um das mittelalterliche Platzniveau auf dem Münsterhof handelt. Grabgruben von mittelalterlichen Gräbern des älteren Friedhofs sind darin eingetieft. Funde aus der darunterliegenden Erdschicht werden eine genauere Datierung dieser mittelalterlichen Platzgestaltung ermöglichen.

Im Graben zwischen Poststrasse und Münsterhof konnten nahe beieinander zwei Phasen des mittelalterlichen Friedhofs auf dem Münsterhof gefasst werden. Einerseits kam ein Stück der Nord-Süd-laufenden Friedhofsmauer (A) zum Vorschein, welche die westliche Begrenzung des hochmittelalterlichen, rechteckigen Friedhofs bildete. Die nördliche Fortsetzung dieser Mauer war bereits 1977/78 dokumentiert worden. Zum anderen wurde jene Friedhofsmauer (B) aufgedeckt, welche parallel zur Nordfassade des Fraumünsters verlief und den Friedhof auf einen schmalen Streifen entlang der Kirche reduzierte. Man nimmt an, dass die jüngere Mauer um 1300 erbaut worden ist. Sie ist auf dem Murerplan von 1576 dargestellt.

Nördlich des Fraumünsters, an seiner nordwestlichen Ecke, legten die Archäologen eine ausgedehnte Schuttschicht frei. Sie besteht zur Hauptsache aus hellgrauem bis weissem Mörtelschutt und Steinschutt, den man offenbar flächig ausgebracht hat. Die Ausdehnung und Dicke der Schicht lassen vermuten, dass es sich um Bauschutt vom Fraumünster handelt, das im 13. Jahrhundert eine Grossbaustelle war. Viele ältere Bauteile wurden damals abgerissen oder erneuert. Ein Teil des alten Baumaterials, vor allem die Steine, konnte direkt für den Neubau wieder verwendet werden. Einen Teil des alten Mörtels hingegen entsorgte man, indem man ihn flächig auf dem Bauplatz verteilte.

Im Zug der laufenden Ausgrabungen konnte vor allem der nordwestliche Teil der stattlichen Jakobskapelle genauer untersucht werden. Das 2,5 Meter dicke Mauerfundament ruhte auf einer Vielzahl von Holzpfählen, die man zugespitzt und in die Sohle der Mauergrube geschlagen hatte, um den Baugrund zu stabilisieren. Von gut 70 Pfählen waren die Spitzen noch vollständig erhalten. Die Archäologen hoffen, die Hölzer mit naturwissenschaftlichen Methoden möglichst genau zu datieren und so mehr über den Bauzeitpunkt des Rundbaus zu erfahren.

In den Gräben auf dem Münsterhof sind zahlreiche Bestattungen zum Vorschein gekommen. Bis Ende Juni 2015 waren es rund 160 Individuen. Oftmals liess sich beobachten, dass sich in derselben Grabgrube mehrere Bestattungen befanden. Offenbar wurden Grabgruben mehrmals genutzt, wobei man jeweils die Knochen der älteren Bestattungen zur Seite schob.
Rings um die Jakobskapelle fanden sich dicht an dicht gut erhaltene Sargbestattungen. Ein ausserordentlich gut erhaltener Sarg, bestehend aus Boden-, Stirn-, und Seitenbrett sowie Deckel stammt aus dem ausgehenden 12. Jahrhundert. Bei den Bestatteten dürfte es sich eher um wohlhabende Leute gehandelt haben, wurden einfache Leute doch meistens nur im Leichentuch eingewickelt beigesetzt.
Bestattungen einer grossen Zahl von Kleinkindern und Jugendlichen sowie das festgestellte tiefe Sterbealter der Erwachsenen rufen uns in Erinnerung, dass die Lebenswartung im Mittelalter sehr viel tiefer lag als heute. Wer erwachsen wurde, konnte nur mit einer Lebenserwartung von etwas mehr als 40 Jahren rechnen. Nur ganz wenige erreichten ein Alter von über 60 Jahren.

Der Münsterhof wurde schon zur Zeit der alten Römer genutzt. Bereits vor einigen Monaten entdeckten die Archäologen in der Poststrasse westlich des Fraumünsters Grabgruben aus römischer Zeit, die mit verbrannten menschlichen Überresten, Beigaben und Asche gefüllt waren.
Zwischen dem Nordturm des Fraumünsters und dem Zunfthaus zur Meisen kamen bei den laufenden Grabungen in einer rundlichen Grube Trinkbecher und Schüsseln zum Vorschein. Sie stammen aus dem 2. und 3. Jahrhundert nach Christus. Weshalb und in welchem Zusammenhang sie entsorgt worden sind, wird eine der kommenden Fragen der Archäologen sein.

Bereits in der Neuzeit (1500–1800) verliefen über den Münsterhof Leitungen, die Frischwasser führten. Zu diesem Zweck wurden Baumstämme in einem aufwändigen Verfahren der Länge nach aufgebohrt. Diese hölzernen Rohre verlegte man anschliessend so, dass ein unteres Stammende (Wurzelstock) jeweils an oberes Stammende (Wipfel) stiess. Die Rohrenden waren mit eisernen Muffen versehen, um das Zusammensetzen der Rohre zu erleichtern und Wasserverluste zu vermeiden. Die Leitung im Bild lief vom der Storchengasse Richtung Stadthausquai. Hölzerne Leitungen wurden bis ins 19. Jahrhundert verlegt.

Nebst vielen anderen Funden wie Keramik und Glas kommen bei den laufenden Grabungen zahlreiche Eisenfunde zum Vorschein. Diese sind auf den ersten Blick teilweise wenig attraktiv. Ein zweiter Blick mit dem Röntgengerät zeigt dann oft, dass sich in den Rostklumpen bemerkenswerte Funde verbergen: Hufeisen, Schlüssel und Gürtelschnallen. Selber suchen macht Spass!

Unter den Pflastersteinen auf dem Münsterhof ist zu Beginn der Grabungen ein Teil der Tramlinie ans Licht gekommen, die vom Limmatquai zum Paradeplatz führte. Erhalten ist ein etwa 30 Meter langer Schienenunterbau aus Sandstein. Demselben Trassee folgte schon im 19. Jahrhundert das Rösslitram.
Die freigelegte Strecke gehört zu einer von zwei Strassenbahnlinien, die ab 1882 durch die Zürcher Strassen führten und von Pferden gezogen wurden. Um die Jahrhundertwende mussten die Rösslitrams den leistungsfähigeren elektrischen Trams weichen. Die Schienen beim Münsterhof wurden gemäss Bildquellen zwischen 1930 und 1935 endgültig abgetragen.

An die Nordfassade des Fraumünsters lehnte sich im Früh- und Hochmittelalter bis in die Zeit um 1300 ein mächtiger Rundbau mit einem Durchmesser von 12,8 Metern an. Er war im Innern gewölbt und wurde als Grabbau sowie als Reliquienkapelle verwendet. Gemäss einer schriftlichen Erwähnung im Jahr 1150 ist der Rundbau auch als Jakobskapelle bekannt. Um 1300 riss man ihn ab. Mit den Ausgrabungen wird mehr über das Alter, das Aussehen und die Funktion des auffälligen Bauwerks bekannt werden

Entlang der Nordfassade des Fraumünsters befand sich ein Friedhof, der im Spätmittelalter angelegt und bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts benutzt wurde.
Wie der Murerplan von 1576 zeigt, war der Friedhof von einer halbhohen Mauer abgegrenzt. Auf dem Münsterhof wurde jedoch bereits im Früh- und Hochmittelalter bestattet. Dies zeigte eine kleine Ausgrabung im Jahr 2013 vor dem Nordportal des Fraumünsters. Auch der mittelalterliche Friedhof war von einer Mauer umgeben. An diese lehnten sich später Wohnbauten aus Holz und Stein an.
Dank der ausgegrabenen menschlichen Überreste wird künftig mehr über die Lebensumstände bekannt – beispielsweise über Krankheiten oder die Lebenserwartung der Stadtzürcher Bevölkerung vom frühen Mittelalter bis in die Frühe Neuzeit.

Der Zürcher Münsterhof, einziger grösserer Platz der alten Stadt, stammt aus der Zeit um 1300. Entgegen bisheriger Deutung war dies kein Projekt der Stadtkommune in deren Kampf gegen die Machtansprüche der Äbtissin des Fraumünsters. Vielmehr spricht alles dafür, dass hier die Äbtissin – in ihrer Funktion als Stadtherrin und Reichsfürstin entsprechend der Tradition des alten Pfalzortes Zürich – dem Königtum und sich selber eine Bühne errichtete.

Publikationshinweis (Download siehe weiter unten): Dölf Wild, 2011, Zürichs Münsterhof – ein städtischer Platz des 13. Jahrhunderts?
Im Jahr 2013 wurde beim Fraumünster neu das Nordportal als Haupteingang in Betrieb genommen. Seither treten die Besucherinnen und Besucher wieder vom Münsterhof her in die Kirche ein, so wie das in früheren Jahrhunderten der Fall war.
Der bisherige Eingang an der Ostseite war erst 1900 von Stadtbaumeister Gull realisiert worden. Gleichzeitig mit dem Bau des Stadthauses verschob er den Haupteingang des Fraumünsters an den neu angelegten Stadthausquai.
Der Münsterhof wurde von der im 19. Jh. konzipierten Verkehrsachse Limmatquai-Münsterbrücke-Paradeplatz beansprucht. Die Achse verlief unmittelbar vor der Längsfassade des Fraumünsters und hatte zur Folge, dass die seit dem 13. Jh. bestehende Friedhofmauer und die daran angebauten Marktbuden abgebrochen wurden. Um 1900 führte sogar eine Tramlinie am Fraumünster vorbei.

Publikationshinweis: Dölf Wild, Der Münsterhof und die Türen des Fraumünsters, Stadt Zürich, Archäologie und Denkmalpflege, Bericht 2010–2012 (2012) 43–47.
Im Spätsommer 1839 eskalierte auf dem Münsterhof eine politische Kontroverse in einen bewaffneten Zusammenstoss zwischen Miliztruppen der Regierung und demonstrierender Landbevölkerung. Auslöser des «Züriputsch» war die Berufung des liberalen Theologen David Friedrich Strauss zum Universitätsprofessor. Sie hatte eine starke Gegenreaktion der konservativen Opposition zur Folge («Straussenhandel»).
Am 6. September 1839 fielen auf dem Münsterhof und in der Poststrasse Schüsse. Opfer waren 14 Putschisten sowie der Arzt und Regierungsrat Johannes Hegetschweiler (1789–1839). Er wurde beim Versuch, zwischen den Konfliktparteien zu schlichten, von der Schrotladung eines Aufständischen getroffen. Drei Tage später erlag er seinen Hirnverletzungen. Noch 80 Jahre später ehrte ein an die Fassade des Restaurants Münsterhof gemaltes Porträt Johannes Hegetschweiler als Vermittler in einem stark polarisierten politischen Umfeld.

Nach dem 1. Weltkrieg formierte sich in Europa als Reaktion auf das Grau der Agglomerationen die Bewegung «Farbige Stadt». Sie hatte sich zum Ziel gesetzt, die Städte bunter zu gestalten. Eines ihrer Zentren war die Industriestadt Magdeburg, in der in den Jahren nach 1921 ein umfassendes Farbkonzept umgesetzt wurde.
Im Rahmen des Projektes «Farbiges Zürich» sorgten die Häuser an der Augustinergasse für Furore, die nach 1925 nach einem Entwurf von Karl Hügin farbig gestrichen wurden. Auch die Fassade des ehemaligen Kinos «Radium» an der Mühlegasse ist mit seinem von Emil Morf geschaffenen bunten Felderfries ein wichtiger, noch existierender Vertreter der Farbenbewegung. Dagegen gelangte Augusto Giacomettis (1877–1947) farbenfroher Entwurf für die komplette Kolorierung des Münsterhofes nicht zur Ausführung. Zu Augusto Giacomettis bekannten Werken gehören in Zürich die Ausmalung der «Blüemlihalle» im Amtshaus I (Giacomettihalle), die Chorfenster des Grossmünsters und der Wasserkirche sowie das Glasfenster im Querhaus des Fraumünsters.

1766 liess die Stadt im westlichen Bereich des Münsterhofs auf der Mittelachse des Zunfthauses «zur Meise» einen prachtvollen Rokokobrunnen errichten. Das Brunnenbecken bestand aus vier um ein Quadrat angeordneten halbrunden Schalen. Oben auf dem mit Meeresfabelwesen bevölkerten Brunnenstock thronte Neptun als Gott der Meere.
Die wasserbautechnische Leistung konnte jedoch nicht mit der künstlerischen Gestaltung mithalten, denn die Wasserleitung vom Üetliberg hatte zu wenig Druck. Hohn und Spott ergossen sich über den Brunnen: «Als alles fertig war, fand sich, dass kaum Wasser genug da war, um die Nase eines einzigen Delphins zu befeuchten, und als man das Werk spielen liess, sah es nicht anders aus, als ob alle diese Seepferde und Delphine den Schnupfen hätten».
Nach Beschädigungen in den Revolutionsjahren 1811 wurde der Brunnen abgetragen, doch verschwand er nicht ganz aus dem Stadtbild: Drei der vier Schalen des Beckens sind noch heute im Brunnen auf der Stüssihofstatt im Niederdorf eingebaut.

1766 liess die Stadt im westlichen Bereich des Münsterhofs auf der Mittelachse des Zunfthauses «zur Meise» einen prachtvollen Rokokobrunnen errichten. Das Brunnenbecken bestand aus vier um ein Quadrat angeordneten halbrunden Schalen. Oben auf dem mit Meeresfabelwesen bevölkerten Brunnenstock thronte Neptun als Gott der Meere.
Die wasserbautechnische Leistung konnte jedoch nicht mit der künstlerischen Gestaltung mithalten, denn die Wasserleitung vom Üetliberg hatte zu wenig Druck. Hohn und Spott ergossen sich über den Brunnen: «Als alles fertig war, fand sich, dass kaum Wasser genug da war, um die Nase eines einzigen Delphins zu befeuchten, und als man das Werk spielen liess, sah es nicht anders aus, als ob alle diese Seepferde und Delphine den Schnupfen hätten».
Nach Beschädigungen in den Revolutionsjahren 1811 wurde der Brunnen abgetragen, doch verschwand er nicht ganz aus dem Stadtbild: Drei der vier Schalen des Beckens sind noch heute im Brunnen auf der Stüssihofstatt im Niederdorf eingebaut.

Der Münsterhof in sechs historischen Ansichten zwischen 1630 und 1830.
Der Münsterhof wird im Süden vom Fraumünster begrenzt. Gegen Norden umfassen stattliche Wohn- und Geschäftshäuser den Platz. Kleines historisches Panorama von 1920 in drei Bildern.
Vom Einsiedlierhof aus dem 13. Jahrhundert über den Schmidschen Palais von 1630 bis zum heutigen repräsentativen Zunfthaus zur Meise aus den 1750er Jahren.
Die Geschäfte am Münsterhof haben Tradition, ebenso der stetige Wandel. Einblicke ins 20. Jahrhundert.
Die Tramlinie über den Münsterhof war eine von zwei Strassenbahnlinien, die ab 1882 durch die Zürcher Strassen führten und von Pferden gezogen wurden. Um die Jahrhundertwende mussten die Rösslitrams den leistungsfähigeren elektrischen Trams weichen. Die Schienen beim Münsterhof wurden gemäss Bildquellen zwischen 1930 und 1935 endgültig abgetragen.
Seit 2016 ist der Münsterhof autofrei. Vorher war ein grosser Teil der Fläche mit Parkplätzen belegt. Ein Blick auf ältere Bilder zeigt, dass die Nutzung des Münsterhofs als Parkplatz Tradition hatte.
Impressionen der 1977/78 vom «Büro für Archäologie» durchgeführten Grossgrabung auf dem Münsterhof.