Um der Zersiedelung entgegenzuwirken, soll das Bevölkerungswachstum vor allem in den urbanen Räumen stattfinden.
Darum muss eine Entwicklung nach innen stattfinden– und zwar auf qualitätsvolle Weise. Dafür braucht es ausreichend und gute Infrastrukturen wie Schulen und Parks. Das kostet.
Ein fairer Mehrwertausgleich erlaubt den Städten, einen Teil dieser Kosten zu finanzieren: Dort, wo durch planerische Verdichtungsmassnahmen (Auf- und Umzonungen) das Land einen Mehrwert erzielt, sollen die Gemeinden einen angemessenen Anteil für die Finanzierung begleitender Massnahmen beanspruchen können.
Der Mehrwertausgleich ist ein städtebauliches Instrument, das darauf abzielt, die durch planerische Massnahmen entstehenden Bodenwertgewinne (Mehrwerte) teilweise abzuschöpfen und für die Allgemeinheit nutzbar zu machen. Dieser Mehrwert entsteht beispielsweise, wenn mit der Festsetzung eines Gestaltungsplans oder einer Änderung der Bau- und Zonenordnung der Wert eines Grundstücks steigt.
Beispielfall
Frau Eigenheim besitzt ein Grundstück in Zürich, auf dem bisher nur für Einfamilienhäuser zugelassen waren. Durch eine Änderung der Bau- und Zonenordnung wird das Gebiet neu eingestuft, sodass jetzt mehrstöckige Wohnhäuser gebaut werden dürfen (Aufzonung). Dadurch steigt der Wert ihres Grundstücks erheblich. Dank der neuen Möglichkeiten könnte sie jetzt deutlich mehr Wohnfläche schaffen. Frau Eigenheim erhält daher nach Rechtskraft der Änderung der Bau- und Zonenordnung eine Verfügung. In der Verfügung wird die Höhe der Mehrwertabgabe festgehalten. Da Frau Eigenheim keine Pläne hat, ihr Grundstück neu zu überbauen, muss sie die Mehrwertabgabe noch nicht zahlen.
Es vergehen einige Jahre und Frau Eigenheim lebt mittlerweile in einem Altersheim. Die beiden Kinder von Frau Eigenheim wollen deshalb das Grundstück neu mit einem mehrstöckigen Wohnhaus bebauen. Dazu beauftragen sie ein Architekturbüro, das ein Projekt ausarbeitet und die Baubewilligung beim Amt für Baubewilligungen einholt. Nachdem die Baubewilligung rechtskräftig wurde und das Amt für Baubewilligungen die Baufreigabe für das Projekt erteilt hat, erhält Frau Eigenheim als Eigentümerin des Grundstücks die Bezugsverfügung zusammen mit einer Rechnung, um die Mehrwertabgabe zu bezahlen. Die von Frau Eigenheim bezahlte Mehrwertabgabe fliesst in den Mehrwertausgleichsfonds.
Das Raumplanungsgesetz (RPG) enthält bereits seit dem 1. Januar 1980 die Möglichkeit für die Kantone, einen angemessenen Ausgleich für planungsbedingte erhebliche Vor- und Nachteile zu schaffen. Vielerorts wurde dieser Ausgleich jedoch nie eingeführt. Am 1. Mai 2014 wurde das RPG angepasst und schreibt nun vor, dass die Kantone einen Mehrwertausgleich einführen müssen.
Im Februar 2018 hat der Regierungsrat seine Vorlage für ein Gesetz zum Mehrwertausgleich an den Kantonsrat überwiesen. Im Mai 2019 hat die kantonsrätliche Kommission für Planung und Bau einen Kompromissvorschlag vorgestellt, welcher von allen Parteien, beteiligten Verbänden sowie den Gemeinden getragen wird. Im Oktober 2019 hat der Kantonsrat beschlossen, das entsprechende Mehrwertausgleichsgesetz (MAG) zu erlassen. Am 1. Januar 2021 sind das Gesetz und die entsprechende Verordnung (MAV) in Kraft getreten. Das MAG schreibt vor, dass Mehrwertabgaben, welche von den Gemeinden erhoben werden (kommunale Mehrwertabgabe) in den Mehrwertausgleichsfonds fliessen und ausschliesslich für kommunale Planungsmassnahmen gemäss Art. 3 Abs. 3 Raumplanungsgesetz verwendet werden dürfen.
Für die kommunale Umsetzung war eine BZO-Teilrevision notwendig. Darin wurde der Abgabesatz auf 40 % und die Freifläche auf 1 200 m2 festgelegt.
Diese Änderung der Bauordnung wurde per 1. April 2022 in Kraft gesetzt.
Neben der Änderung der Bauordnung mussten auch die rechtlichen und organisatorischen Grundlagen für die Zuweisung, die Verwaltung und die Verwendung der Fondsmittel sowie das Verfahren für die Ausrichtung der Beträge aus dem Fonds geschaffen werden. Dazu erliess der Gemeinderat die Verordnung kommunaler Mehrwertausgleichsfonds (VO MAF) und der Stadtrat konkretisierte das Verfahren mit den Ausführungsbestimmungen kommunale Mehrwertabgabe und kommunaler Mehrwertausgleichsfonds (AB MAF). Die beiden Erlasse traten per 1. September 2024 in Kraft.
Die kommunale Mehrwertabgabe wird erhoben, wenn durch Auf- oder Umzonungen der Wert eines Grundstücks steigt. Die Erhebung dieser Abgabe erfolgt in einem speziellen Verfahren entweder mittels Verfügung oder durch einen städtebaulichen Vertrag. Die kantonale Mehrwertabgabe, die bei Einzonungen erhoben wird, ist Sachen der kantonalen Behörden und wird direkt von diesen erhoben. Die folgenden Ausführungen beziehen sich nur auf die Erhebung der kommunalen Mehrwertabgabe.
Die Erhebung auf dem Verfügungsweg stellt den Regelfall dar. Der Ablauf gliedert sich dabei in drei Schritte:
In der Prognosephase wird eine erste Einschätzung über den möglichen Wertzuwachs eines Grundstücks vorgenommen. Diese Prognose basiert auf der vorgesehenen Planungsmassnahme und den aktuellen Marktbedingungen und dient als Grundlage für die voraussichtliche Höhe der Mehrwertabgabe. Die von einer Auf- oder Umzonung betroffene Grundeigentümerschaft erhalten zeitgleich mit der öffentlichen Auflage der Planungsmassnahme eine Mitteilung mit der prognostizierten Mehrwertabgabe und können sich während der Auflagefrist zur Mehrwertprognose äussern.
Nach der Festsetzung der Planungsmassnahme (Beschluss durch den Gemeinderat) prüft die zuständige Verwaltungsstelle, ob besondere Gründe für eine individuelle Schätzung vorliegen. Das Ergebnis der Prüfung wird der Grundeigentümerschaft mitgeteilt. Anschliessend wird der Mehrwert auf Basis der festgesetzte Planungsmassnahme ermittelt. Zeitgleich mit der Planauflage wird der Grundeigentümerschaft eine Frist von 30 Tagen angesetzt, um zum für ihr Grundstück ermittelten Mehrwert Stellung zu nehmen.
Nach Inkrafttreten der Planungsmassnahme und der damit endgültigen Festlegung der neuen Nutzungsmöglichkeiten wird die tatsächliche Mehrwertabgabe festgesetzt. Die Höhe der Abgabe wird anhand des Wertzuwachses bestimmt und den betroffenen Grundeigentümern in einer anfechtbaren Verfügung mitgeteilt.
Nach Rechtskraft der Festsetzungsverfügung wird die Mehrwertabgabe im Grundbuch angemerkt. Eine kommunale Mehrwertabgabe wird erst bei Baufreigabe auf dem betreffenden Grundstück fällig. Wird die Baufreigabe auf dem betreffenden Grundstück erteilt, erhält die Grundeigentümerschaft eine Bezugsverfügung. Die Bezugsverfügung ist notwendig, da zwischen der Festsetzungsverfügung und einer Baufreigabe auch mehrere Jahre oder gar Jahrzehnte liegen können. Die Bezugsverfügung regelt die Modalitäten der Zahlung der Mehrwertabgabe. Sie enthält auch Informationen über mögliche Zahlungsmodalitäten, wie z.B. Stundung oder Ratenzahlung sowie zur Verzinsung der Mehrwertabgabe ab der Fälligkeit.
Die Festsetzungsverfügung wird benötigt, um:
- Rechtsverbindlich die Höhe der Mehrwertabgabe festzulegen
- Transparenz über die finanziellen Auswirkungen von Planungsmassnahmen zu schaffen.
Die Bezugsverfügung wird benötigt, um:
- Den Zeitpunkt der Fälligkeit der Mehrwertabgabe festzulegen
- Die Verzinsung der Mehrwertabgabe zu regeln
- Die Zahlungsmodalitäten zu regeln, einschliesslich möglicher Stundungen oder Ratenzahlungen.
- Die Abwicklung der Zahlung zu organisieren und sicherzustellen, dass die Abgabe ordnungsgemäss entrichtet wird.
Neben der Erhebung auf dem Verfügungsweg ermöglicht das MAG im Kanton Zürich eine Erhebung der Mehrwertabgabe durch städtebauliche Verträge. Durch diese Verträge können Gemeinden und Grundeigentümer individuelle Vereinbarungen treffen, die den spezifischen Anforderungen und Bedingungen eines Projekts gerecht werden. Im Rahmen solcher Verträge kann der Umfang der Abgabe sowie die Art der Ausgleichsleistungen flexibel gestaltet werden, wodurch nicht nur finanzielle Abgaben, sondern auch Sachleistungen wie die Bereitstellung von Infrastruktur oder öffentlichen Räumen eingebracht werden können. Städtebauliche Verträge ermöglichen es, die Interessen der Gemeinde und der Eigentümer in Einklang zu bringen und so eine Win-win-Situation für beide Seiten zu schaffen.
Die Mehrwertabgaben, die von den Grundeigentümerschaften gezahlt werden, fliessen in den Mehrwertausgleichsfonds. Aus diesem Fonds werden Beiträge für Massnahmen der Raumplanung bereitgestellt, um städtebauliche Verbesserungen zu finanzieren.
Bei Fragen zum Mehrwertausgleich in der Stadt Zürich wenden Sie sich bitte an die für Ihr Gebiet zuständige Ansprechperson auf folgender Übersicht: