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Haltungen der Bevölkerung zur baulichen Veränderung und Verdichtung im Grossraum Zürich

21. Dezember 2016 – Alex Martinovits

Bei wichtigen Themen wie «Wohnen» sind neben der «harten» Faktenlage auch die subjektiven Einstellungen und die Wahrnehmungen der Bevölkerung zentral. Aus diesem Grund werden in der Stadt Zürich im Rahmen der periodischen Bevölkerungsbefragung seit 1999 entsprechende Fragen gestellt. Da auf regionaler Ebene bisher keine vergleichbaren Einschätzungen der Bevölkerung zum Thema Wohnen vorliegen, hat Stadtentwicklung Zürich einige Fragen zum Thema Wohnen auch ausserhalb der Stadt Zürich erheben und für das Gebiet der Regionalplanung Zürich und Umgebung (RZU) auswerten lassen. Das Gebiet der RZU umfasst die Stadt Zürich und die sechs daran angrenzenden Planungsregionen (Grafik 1; weitere Erläuterungen am Ende des Artikels). Von besonderem Interesse sind die Unterschiede zwischen verschiedenen Typen von Gemeinden (Erläuterungen zur Gemeindetypologie ebenfalls am Ende des Artikels).

Webartikel_Verdichtung_Grafik1

Die Ergebnisse dazu werden in zwei Webartikeln publiziert.  Der vorliegende Webartikel beleuchtet die Einstellungen zu baulichen Veränderungen und zur Verdichtung. Der andere Webartikel zur gleichen Befragung widmet sich der Problemwahrnehmung und den Einstellungen der Bevölkerung zur Wohnsituation.

Schaffen von mehr Wohnraum durch bauliche Veränderung

Das Schaffen von mehr Wohnraum als Antwort auf das knappe Angebot wird in allen Gemeindetypen klar befürwortet. Am deutlichsten ist dies in der Kernstadt Zürich (in den vorliegenden Auswertungen identisch mit dem Gemeindetyp «Grosszentren»), gefolgt von den Arbeitsplatzgemeinden (Grafik 2).

Grafik zur Frage: «Gut, dass in meiner Wohngemeinde/Stadt mehr Wohnraum geschaffen wird»

Bewertung von Aspekten der baulichen Veränderung

Der Ausbau des Angebots hat bauliche Veränderungen zur Folge, die von der Bevölkerung mit verschiedenen Vor- und Nachteilen in Zusammenhang gebracht werden.

Eine Mehrheit der Befragten findet, dass durch die Bautätigkeit der letzten Jahre die eigene Wohngemeinde (respektive Stadt) schöner und lebenswerter geworden sei (Grafik 3). Eine noch stärkere Mehrheit ist dagegen der Meinung, man sollte die Quartiere in der eigenen Wohngemein­de möglichst so erhalten, wie sie sind (Grafik 4). Ähnlich deutliche Unterstützung findet die Aussage, dass es schade sei, dass durch die Bautätigkeit immer mehr Freiräume verloren gingen (Grafik 5). Ebenfalls eine Mehrheit befürwortet die Aussage, dass viele Neubauten und Renovationen für den eigenen Geschmack zu luxuriös seien (Grafik 6).

Trotz klarer Zustimmung zu einem Ausbau des Wohnungsangebots werden also einige Auswirkungen dieses Ausbaus kritisch betrachtet.

Die Einstellung gegenüber diesen Veränderungen ist in den einkommensstarken Gemeinden am kritischsten: Einerseits ist hier die Zustimmung zur Aussage, dass die Gemeinde durch die Bautätigkeit schöner und lebenswerter geworden sei, am tiefsten (Grafik 3). Andererseits wird die Aussage, dass man die Quartiere so erhalten solle, wie sie sind, am meisten unterstützt (Grafik 4). Alle anderen Gemeindetypen sind diesbezüglich weniger veränderungs­kritisch.

Hinsichtlich der Feststellung, dass durch die Bautätigkeit immer mehr Freiräume verloren gehen, sind die Unterschiede zwischen den Gemeindetypen nur gering und kaum signifikant. Hier liegt die Zustimmungsrate in allen Gemeindetypen bei knapp 70 % (Grafik 5).

Die Wahrnehmung, dass viele Neubauten und Renovationen zu luxuriös seien, ist in der Kernstadt Zürich und in den Arbeitsplatzgemeinden häufiger verbreitet als in den übrigen Gemeindetypen (Grafik 6).

Webartikel_Verdichtung_Grafik3
Webartikel_Verdichtung_Grafik4
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Webartikel_Verdichtung_Grafik6

Bauliche Veränderungen werden zwar befürwortet, aber Sensibilität ist nötig

Zwar befürwortet eine klare Mehrheit der Befragten einen Ausbau des Wohnungsangebots. Ebenfalls eine Mehrheit ist der Meinung, dass durch die Bautätigkeit der letzten Jahre die eigene Wohngemeinde schöner und lebenswerter geworden sei. Somit wird die vorhandene Wohnbaudynamik grundsätzlich unterstützt. Gleichzeitig werden aber einige Auswirkungen dieses Ausbaus kritisch beurteilt (Veränderung der Quartiere, Verlust von Freiräumen, luxuriöse Neubauten und Renovationen). Dies weist darauf hin, dass ein gegenüber den Bedürfnissen der Bevölkerung sensibles und den örtlichen Begebenheiten sorgfältig angepasstes Vorgehen bei der weiteren Innenentwicklung der Städte und Dörfer wichtig ist.

Die grösste Veränderungsskepsis besteht in den einkommensstarken Gemeinden. In diesen Gemeinden erachten gleichzeitig markant mehr Personen als in den anderen Gemeinden ihre Wohnungen als veraltet (vgl. Webartikel «Einstellungen der Bevölkerung zur Wohnsituation im Grossraum Zürich»). Diese kontroverse Situation – einerseits ein breit anerkannter Erneuerungsbedarf und andererseits eine verbreitete Skepsis gegenüber den Auswirkungen der baulichen Erneuerung – erfordert in diesen Gemeinden eine besondere Sensibilität bei allfälligen Ersatzneubauten. In einkommensstarken Gemeinden findet sich bekanntlich oft ein hoher Anteil an eher lockeren Überbauungsformen. Eine Studie des Amts für Raumplanung des Kantons Zürich (vgl. Literaturhinweis) zeigte denn ebenfalls auf, dass die Bewohnerschaft lockerer Überbauungsformen tendenziell kritischer gegenüber baulicher Verdichtung eingestellt sind als anderswo.

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