Sandy Gloor ist diplomierter Pflegefachmann HF und angehender Gruppenleiter Pflege – und er ist kein klassischer Quereinsteiger. Nach einer abgebrochenen Lehre als Zimmermann lernte er Fachmann Betreuung im Gesundheitszentrum für das Alter Dorflinde, ging danach aber wieder zurück in die Zimmerei. Bei der Rückkehr in die Pflege im September 2020 entschied er sich, Nägel mit Köpfen zu machen und den Wiedereinstieg mit einer Weiterentwicklung zu verbinden: Er begann sein Studium in Pflege mit dem Ziel, später in die Führung zu gehen. Heute ist Sandy diplomierter Pflegefachmann HF und freut sich, am 1. Januar 2025 den nächsten Karriereschritt zu machen: Dann wird er Gruppenleiter und führt 16 Mitarbeitende im Gesundheitszentrum für das Alter Eichrain.
Sandy, nach deiner Lehre als Fachmann Betreuung hast du wieder in die Zimmerei gewechselt, wie kamʼs?
Ich war in der Zeit aktiv in der Unihockey-Nationalliga A in Uster und brauchte viel Zeit und Flexibilität, um die vier Trainings und ein bis zwei Matches pro Woche absolvieren zu können. Bei meinem Vater in der Zimmerei hatte ich diese Möglichkeit. Während der Anstellung bei ihm bin ich ein halbes Jahr durch Afrika gereist und habe mir Gedanken zu meiner Zukunft gemacht. Dass ich zurück in die Pflege wollte, war mir klar, aber die genaue Ausrichtung stand noch in den Sternen. Da ich lange aus der Pflege weg war, wusste ich, dass ich nicht einfach so wieder einsteigen konnte. Darum dachte ich mir: Warum nicht den Wiedereinstieg mit einer Erweiterung und Festigung meines Wissens verbinden?
Also hast du dich für das HF-Studium Pflege entschieden?
Genau. Im Sommer 2018 habe ich alte Kontakte aus dem Gesundheitszentrum Dorflinde reaktiviert und mich nach Möglichkeiten erkundigt. Glücklicherweise war man sehr offen für die Idee, und ich konnte das HF-Studium als zweite Person im Betrieb absolvieren. Das war im September 2020.
Du hast das Studium am Careum absolviert, was sprach für dich dafür?
Für das Studium stehen das Zentrum für Ausbildung im Gesundheitswesen (ZAG) und das Careum zur Auswahl. Beim ZAG wird sehr stark auf Frontalunterricht gesetzt. Das wäre für mich nicht ideal, da dieses klassische Schulsetting mir nie entsprach. Am Careum kommen drei Lernsettings zum Einsatz: Tutorat, Skills-Unterricht und Vorlesungen. Ich war mir zwar anfangs nicht sicher, ob ich diszipliniert genug sein würde fürs Selbststudium. Das hat dann aber sehr gut geklappt. Welches Setting man bevorzugt, ist natürlich sehr individuell. Für mich war das Angebot am Careum ideal.
Während des Studiums hast du im Gesundheitszentrum Dorflinde gearbeitet, gabʼs daneben weitere Einsätze in der Praxis?
Ja, es ist vorgesehen, dass die Studierenden Einblick in andere Berufsfelder bekommen. Zu diesem Zweck habe ich ein dreimonatiges Fremdpraktikum im Stadtspital Waid absolviert. Das fand ich vom medizinaltechnischen Aspekt her sehr interessant, hat aber am Ende vor allem meine Überzeugung bestärkt, dass ich in die Langzeitpflege gehöre.
Was hast du aus dem Praktikum mitgenommen?
Ich fand den Abstecher in die Akutgeriatrie super. Ein grosser Vorteil ist, dass ich dadurch im Kontakt mit dem Akutspital besser Bescheid weiss, wann zum Beispiel ein guter Zeitpunkt ist, um anzurufen. Ich kenne jetzt die Abläufe und Vorgehensweisen. Das ist ein Gewinn für beide Seiten und sollte meiner Meinung nach in jeder Pflegeausbildung gefördert werden.
Und was ist es an der Langzeitpflege, was dich begeistert?
Die Langfristigkeit. Man kennt sich über Jahre, lernt die verschiedenen Biografien kennen und erfährt, was die Menschen erlebt haben. Auch wenn es an einem Tag mal schnell gehen muss, sind das immer noch «meine Leute». Im Akutspital gibt es natürlich viel mehr Wechsel bei den Patient*innen, darum ist der Kontakt weniger persönlich.
Dass du in die Führung gehen möchtest, war dir bereits zu Beginn deines Studiums klar. Was war die Motivation dahinter?
Mit der Führung verbinde ich mehr Möglichkeiten, eigene Ideen umzusetzen und die Pflege mitzuprägen. Das war mir immer schon wichtig. Ich bin seit September 2023 Pflegefachmann im Gesundheitszentrum für das Alter Eichrain. Dass ich mich gerne in der Führung weiterentwickeln möchte, sagte ich bereits beim Vorstellungsgespräch und stiess damit auf offene Ohren. Dass es so schnell gehen würde, war damals noch nicht absehbar.
Im Januar 2025 übernimmst du eine der beiden Gruppenleiter*innen-Stellen im Betrieb, wie kam es dazu?
Mein Vorgesetzter, der aktuelle Gruppenleiter, hatte geplant, seine Leitungsfunktion ein Jahr vor seiner Pensionierung abgeben und auf die Demenzabteilung zu wechseln. Dadurch bin ich schnell in eine inoffizielle Stellvertreterrolle reingekommen. Meinem Vorgesetzten ist wichtig, das Team in gute Hände zu geben. Durch unsere enge Zusammenarbeit hat er sich ein umfassendes Bild von mir und meiner Arbeit machen können und wird nun im Januar 2025 mit einem guten Gefühl auf die Demenzabteilung wechseln.
Wird das deine erste Erfahrung als Führungsverantwortlicher?
Nein, ich hatte bereits in der Zimmerei meines Vaters Mitarbeitende auf der Baustelle angeleitet. Dadurch habe ich eine gewisse Erfahrung, aber natürlich in einem anderen Kontext und ohne theoretischen Hintergrund. Mir ist wichtig, dass ich mir neben den praktischen Erfahrungen auch das theoretische Rüstzeug aneignen kann. Darum freue ich mich, dass ich ab April 2025 den CAS (Certificate of Advanced Studies) Teamleitung im Gesundheitswesen besuchen darf, den der SGZ Campus in Zusammenarbeit mit der ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften anbietet.
Worauf wirst du als Führungsverantwortlicher am meisten Wert legen?
Auf eine offene Kommunikation. Ich möchte, dass die Leute sich trauen, zu mir zu kommen. Probleme sind da, um gelöst zu werden. Das geht aber nur, wenn man sie anspricht. Mir ist wichtig, dass meine Mitarbeitenden gerne zur Arbeit kommen und gehört werden. Das bedeutet auch, dass ich bei der Dienstplanung so gut wie möglich auf ihre Wünsche eingehen möchte.
Welche Rückmeldung bekommst du von den Bewohnenden am häufigsten?
Dass ich viel lache und nie schlecht drauf bin. Dadurch sorge ich auch auf der Abteilung für eine gute Stimmung, was sehr geschätzt wird. Ich finde, auch im Alter ist es wichtig, dass man etwas zu Lachen hat.
Wer dich kennt, weiss, dass du normal mit Bart unterwegs bist. Warum jetzt der Schnauz?
Ich mache jeweils im November mit bei der Aktion Movember. Movember ist eine Kombination aus den Wörtern Mustache (Schnauz) und November. Mit dieser aus Australien stammenden Aktion machen Männer während eines Monats auf das Thema Männergesundheit aufmerksam. Ursprünglich ging es primär um die Prostatakrebsvorsorge, inzwischen ist auch die psychische Gesundheit ein Thema. Mein Schnauz führte auch im Betrieb zu spannenden Gesprächen. Die Bewohnenden haben gemerkt, dass etwas anders ist und rätselten, ob ich eine neue Frisur habe. Einige schauten kritisch, weil sie mich nicht auf Anhieb erkannten. Movember war fast niemandem ein Begriff, sie fanden die Aktion aber sehr interessant.
Aber was sind eigentlich die Vorteile und Chancen eines Quereinstiegs in die Pflege?
- Du erfährst Sinnhaftigkeit und Wertschätzung im Beruf.
- Pflegefachpersonen sind auf dem Arbeitsmarkt sehr gefragt. Dies gibt Sicherheit und bietet dir Flexibilität, dein Pensum zu reduzieren oder eine Auszeit zu nehmen, wenn es deine persönliche Situation erfordert.
- Die Gesundheitszentren bieten Quereinsteiger*innen, die mit beiden Beinen im Leben stehen und entsprechende Fixkosten haben, ein Einkommen, das die Lebenskosten deckt.
- In der Langzeitpflege hast du vielfältige Weiterentwicklungschancen und die Möglichkeit, Karriere zu machen.